In den letzten Jahren dominierte eine klare Tendenz in der IT-Strategie von Unternehmen: die Migration in die Public Cloud. Skalierbarkeit, Flexibilität und Kostenvorteile standen im Mittelpunkt dieser Entwicklung. Doch ein Paradigmenwechsel ist in vollem Gange. Die Diskussion um digitale Souveränität bringt strategische IT-Fragen zurück auf die Agenda – und lässt viele Unternehmen darüber nachdenken, ob sie nicht doch stärker auf eigene oder hybride Infrastrukturen setzen sollten.
Was bedeutet digitale Souveränität?
Digitale Souveränität beschreibt die Fähigkeit eines Unternehmens, Kontrolle über seine digitalen Ressourcen zu behalten – insbesondere über Daten, Anwendungen, Netzwerke und Infrastrukturen. Es geht dabei nicht nur um technische Aspekte, sondern auch um politische, rechtliche und wirtschaftliche Herausforderungen:
- Wo werden meine Daten gespeichert?
- Wer hat Zugriff darauf?
- Welchen Regularien unterliegen sie?
- Wie sicher sind meine Lieferketten für Hard- und Software?
- Bin ich abhängig von einzelnen Anbietern oder Ländern?
Die Pandemie, geopolitische Spannungen, Cyberangriffe und gesetzliche Vorgaben wie die DSGVO haben diese Themen in den Mittelpunkt gerückt. Digitale Souveränität ist heute kein rein technisches Thema mehr – sie ist Teil einer umfassenden Risikopolitik und strategischen Entscheidungsfindung.
Warum ist digitale Souveränität für Unternehmen heute so relevant?
Die aktuelle Lage zeigt: 96 Prozent der deutschen Unternehmen importieren digitale Technologien und Services aus dem Ausland, während nur ein Viertel selbst als Anbieter gegenüber ausländischen Unternehmen auftritt. Besonders kritisch ist die Abhängigkeit bei Schlüsseltechnologien wie Halbleitern, Quantencomputing und 5G-Komponenten. Europäische Partner genießen dabei zwar großes Vertrauen, doch internationale Konflikte und politische Entwicklungen bereiten vielen Unternehmen Sorge.
Die Realität ist: 79 Prozent der Unternehmen sehen sich in kritischer Abhängigkeit von wenigen, meist außereuropäischen Anbietern – insbesondere im Bereich Cloud und Software. Diese Abhängigkeit wird nicht nur als Sicherheitsrisiko, sondern auch als Innovationsbremse wahrgenommen. 63 Prozent der Unternehmen geben an, in ihrer Fähigkeit zur Entwicklung eigener digitaler Lösungen eingeschränkt zu sein.
Datenhoheit und Lieferketten: Warum eigene IT-Infrastruktur?
Die politischen Entwicklungen in den USA und anderen Ländern zeigen, warum Datenhoheit im Heimatland so wichtig ist: Unternehmen, die auf US-Cloud-Infrastrukturen angewiesen sind, können jederzeit dazu aufgefordert werden, ihre Daten mit staatlichen Behörden zu teilen6. Zudem sorgt der sogenannte Vendor-Lock-in-Effekt dafür, dass Unternehmen an proprietäre Technologien und Cloud-Dienste gebunden sind – ein Wechsel zu anderen Anbietern oder der Aufbau eigener Infrastrukturen wird dadurch erschwert.
Ein weiteres Problem sind die hohen, oft intransparenten Kosten und die mangelnde Flexibilität bei globalen Hyperscalern wie AWS, Microsoft Azure und Google Cloud. Viele Unternehmen suchen daher nach Alternativen, die ihnen mehr Kontrolle über ihre Daten und IT-Infrastruktur geben.
Wie können Unternehmen digitale Souveränität erreichen?
Digitale Souveränität ist kein statisches Ziel, sondern ein dynamischer Prozess, der kontinuierlich angepasst und optimiert werden muss. Um diese Souveränität zu erlangen, setzen Unternehmen auf eine Vielzahl strategischer Maßnahmen, die sie in die Lage versetzen, ihre digitalen Ressourcen selbstbestimmt zu steuern, zu schützen und zu nutzen. Im Folgenden werden die wichtigsten Ansätze detailliert erläutert.
1. Multi-Cloud-Ansätze: Weniger Abhängigkeit, mehr Flexibilität
Ein zentraler Baustein für digitale Souveränität ist die Nutzung von Multi-Cloud-Strategien. Statt sich auf einen einzigen Cloud-Anbieter zu verlassen, kombinieren Unternehmen verschiedene Cloud-Dienste – sei es Public Clouds, Private Clouds oder hybride Modelle. Diese Vorgehensweise bietet mehrere Vorteile:
- Reduzierte Vendor-Lock-in-Effekte: Durch die Verteilung von Workloads über mehrere Anbieter minimieren Unternehmen das Risiko, von einem einzelnen Dienstleister abhängig zu sein. Dies gibt ihnen mehr Verhandlungsmacht und Flexibilität bei der Preisgestaltung und der Auswahl von Dienstleistungen.
- Optimierte Workload-Verteilung: Unterschiedliche Cloud-Anbieter bieten unterschiedliche Stärken. Während eine Cloud möglicherweise besonders gut für KI-basierte Analysen geeignet ist, könnte eine andere Cloud bessere Sicherheitsfeatures oder höhere Skalierbarkeit bieten. Ein Multi-Cloud-Ansatz ermöglicht es, jede Workload dort auszuführen, wo sie am besten funktioniert.
- Risikostreuung: Sollte ein Cloud-Anbieter temporäre Ausfälle oder Sicherheitsvorfälle erleben, kann ein Unternehmen schnell auf alternative Plattformen umschwenken, ohne dass kritische Geschäftsprozesse beeinträchtigt werden.
Ein Multi-Cloud-Ansatz erfordert jedoch auch eine sorgfältige Planung und Integration. Tools zur Orchestrierung und Automatisierung sind unerlässlich, um die Komplexität zu beherrschen und die Effizienz zu gewährleisten.
2. Gezielte Wahl der Datenstandorte: Sicherheit durch lokale Rechenzentren
Die physische Speicherung von Daten spielt eine entscheidende Rolle für digitale Souveränität. Unternehmen, die ihre Daten in Rechenzentren innerhalb Europas speichern, profitieren von strengen Datenschutzgesetzen wie der DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) . Diese Vorschriften stellen sicher, dass personenbezogene Daten nur mit expliziter Zustimmung verarbeitet und weitergegeben werden dürfen.
- Rechtliche Sicherheit: Durch die Wahl eines europäischen Standorts unterliegen Unternehmen den klaren und transparenten Regularien der EU. Im Gegensatz dazu können internationale Cloud-Anbieter gezwungen sein, Daten an Behörden anderer Länder herauszugeben – etwa aufgrund des US-CLOUD-Acts.
- Vertrauen bei Kunden und Partnern: Lokale Datenstandorte signalisieren Transparenz und Verantwortungsbewusstsein. Insbesondere in datenschutzsensiblen Branchen wie dem Gesundheitswesen oder der Finanzindustrie ist dies ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil.
- Schnelle Zugriffszeiten: Die physische Nähe zu den Daten reduziert Latenzzeiten und verbessert die Performance von Anwendungen. Dies ist insbesondere für zeitkritische Prozesse von Bedeutung.
Für Unternehmen, die keine eigenen Rechenzentren betreiben möchten, bieten Colocation-Services eine attraktive Alternative. Hierbei können sie ihre Server in hochsicheren, lokalisierten Rechenzentren unterbringen und gleichzeitig von professionellen Infrastrukturen profitieren.
3. Edge Computing integrieren: Dezentralisierung als Schlüssel
Edge Computing beschreibt die Verlagerung von Rechenkapazitäten näher an die Quelle der Daten – also an den Rand des Netzwerks. Statt alle Daten in einer zentralen Cloud zu speichern und zu verarbeiten, erfolgt die Verarbeitung direkt am Ort der Datenerfassung, beispielsweise in intelligenten Sensoren, IoT-Geräten oder dezentralen Servern.
- Verringerte Latenzzeiten: Edge Computing ermöglicht Echtzeitverarbeitung, was für Anwendungen wie autonomes Fahren, industrielle Automatisierung oder Smart-City-Lösungen unerlässlich ist.
- Datenhoheit und Datenschutz: Nicht alle Daten müssen in die Cloud übertragen werden. Durch die lokale Verarbeitung können Unternehmen sensible Informationen direkt vor Ort analysieren und speichern, ohne dass sie das Unternehmensnetzwerk verlassen.
- Kosteneffizienz: Die Reduktion der Datenübertragung in die Cloud senkt Bandbreitenkosten und entlastet das Netzwerk.
Edge Computing ist somit nicht nur eine technologische Innovation, sondern auch ein wichtiger Schritt hin zu größerer digitaler Souveränität.
4. Offene Standards und Open-Source-Lösungen bevorzugen: Kontrolle durch Transparenz
Die Nutzung von Open-Source-Technologien und offenen Standards ist ein weiterer zentraler Aspekt für digitale Souveränität. Im Gegensatz zu proprietären Systemen, deren Funktionsweise oft intransparent ist und die Unternehmen in Abhängigkeiten locken, bieten Open-Source-Lösungen mehr Transparenz und Flexibilität.
- Freiheit bei der Entwicklung: Unternehmen können Open-Source-Software nach ihren individuellen Anforderungen anpassen und erweitern. Dies ermöglicht eine maßgeschneiderte IT-Landschaft, die genau auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten ist.
- Unabhängigkeit von Herstellern: Proprietäre Lösungen binden Unternehmen oft an bestimmte Anbieter. Mit Open Source können sie ihre IT-Infrastruktur flexibel gestalten und bei Bedarf auf andere Technologien umsteigen.
- Community-Unterstützung und Sicherheit: Open-Source-Projekte werden von einer globalen Community weiterentwickelt. Dies führt zu schnelleren Updates und höherer Sicherheit, da Schwachstellen häufig schneller erkannt und behoben werden.
Offene Standards fördern zudem die Interoperabilität zwischen verschiedenen Systemen und erleichtern die Integration neuer Technologien.
5. Eigene Infrastruktur und Colocation-Services nutzen: Unabhängigkeit durch Eigenkontrolle
Eine weitere Möglichkeit, digitale Souveränität zu stärken, besteht darin, auf eigene Infrastrukturen oder Colocation-Services zu setzen. Beide Ansätze bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre IT-Ressourcen unabhängig von großen Cloud-Anbietern zu betreiben und zu warten.
- Eigene Infrastruktur: Unternehmen, die ihre eigenen Server und Rechenzentren betreiben, haben die volle Kontrolle über Hardware, Software und Daten. Dies ist insbesondere für große Konzerne oder Unternehmen mit hohen Sicherheitsanforderungen relevant. Allerdings erfordert dies erhebliche Investitionen in Hardware, Kühlung, Stromversorgung und Sicherheit.
- Colocation-Services: Für kleinere und mittlere Unternehmen bieten Colocation-Lösungen eine kostengünstige Alternative. Hierbei mieten Unternehmen Platz in einem externen Rechenzentrum, in dem sie ihre eigenen Server unterbringen können. Die Vorteile liegen auf der Hand:
- Zugang zu professionellen Infrastrukturen mit hoher Verfügbarkeit und Sicherheit.
- Reduzierte Betriebskosten im Vergleich zum Betrieb eines eigenen Rechenzentrums.
- Flexibilität bei der Skalierung der IT-Ressourcen.
Colocation-Services sind somit eine ideale Brückentechnologie, die die Vorteile lokaler Infrastrukturen, mit denen der Cloud vereint.
6. Private Cloud-Angebote und individuelle IT-Architekturen: Flexibilität durch maßgeschneiderte Lösungen
Private Clouds und individuell angepasste IT-Architekturen bieten Unternehmen die Möglichkeit, ihre IT-Strategie flexibel und souverän zu gestalten. Im Gegensatz zu Public Clouds werden Private Clouds exklusiv für ein Unternehmen bereitgestellt – sei es vor Ort oder in einem externen Rechenzentrum.
- Höchste Sicherheitsstandards: Private Clouds ermöglichen es Unternehmen, ihre Daten und Anwendungen in einer isolierten Umgebung zu speichern und zu verarbeiten. Dies ist insbesondere für regulierte Branchen wie das Gesundheitswesen oder den Finanzsektor von entscheidender Bedeutung.
- Maßgeschneiderte Lösungen: Individuelle IT-Architekturen berücksichtigen die spezifischen Anforderungen und Ziele eines Unternehmens. Ob Migration bestehender Systeme, Backup-Strategien oder Hochverfügbarkeitslösungen – alles wird genau auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten.
- Persönliche Beratung: Ein erfahrenes Team von IT-Beratern unterstützt Unternehmen bei der Entwicklung und Implementierung ihrer Strategie. Diese persönliche Begleitung ist entscheidend, um komplexe Herausforderungen zu meistern und langfristige Erfolge zu sichern.
Aktuelle Entwicklungen und rechtliche Rahmenbedingungen
Die europäische Digitalpolitik hat in den letzten Jahren wichtige Impulse für mehr digitale Souveränität gesetzt:
- Mit dem EU Data Act (2022) wurden neue Regelungen zur Datenportabilität und Datennutzung geschaffen, die Unternehmen bei der Bewahrung ihrer digitalen Autonomie unterstützen.
- Besonders hervorzuheben ist die GAIA-X Initiative, die einen europäischen Ökosystemansatz für Cloud- und Datendienste verfolgt. Diese Initiative ermöglicht es Unternehmen, durch eine dezentrale Architektur und offene Standards ihre digitale Souveränität zu stärken.
- Im Bereich Künstliche Intelligenz hat die EU mit dem AI Act einen weiteren wichtigen Schritt unternommen, um ethische Standards und Sicherheitsanforderungen für KI-Systeme festzulegen.
Passende Angebote von NMMN: Ihr Partner für digitale Souveränität
Als erfahrener IT-Dienstleister unterstützt NMMN Unternehmen dabei, digitale Souveränität umfassend und zukunftssicher zu gestalten. Mit einem breiten Portfolio an maßgeschneiderten Lösungen bietet NMMN genau die Werkzeuge, die Unternehmen benötigen, um ihre IT-Infrastruktur selbstbestimmt und sicher zu gestalten.
- Colocation-Services: Profitieren Sie von hochsicheren Rechenzentren in Deutschland, die höchste Standards in puncto Sicherheit, Verfügbarkeit und Energieeffizienz erfüllen. Hier können Sie Ihre Server unterbringen und gleichzeitig von professionellen Infrastrukturen profitieren – ohne die hohen Kosten eines eigenen Rechenzentrums.
Mehr zu Colocation-Services - Private Cloud-Lösungen: Mit unseren Private Cloud-Angeboten erhalten Sie eine exklusive, auf Ihre Anforderungen zugeschnittene Cloud-Umgebung. Diese ermöglicht es Ihnen, Ihre Daten und Anwendungen in einer isolierten und sicheren Infrastruktur zu betreiben.
Mehr zu Private Cloud-Lösungen - Individuelle IT-Architekturen: Unser Team aus erfahrenen IT-Beratern entwickelt gemeinsam mit Ihnen eine Strategie, die genau zu Ihren geschäftlichen Zielen passt. Ob Hybrid-Cloud-Modelle, Edge-Computing-Lösungen oder Open-Source-Integration – wir bieten flexible und skalierbare Lösungen für jedes Unternehmen. Ergänzt wird das Portfolio durch leistungsstarke Glasfaseranbindungen, Standortvernetzungen und umfassende Hosting-Services – von Webhosting über VPS bis zu dedizierten Servern.
- Persönliche Beratung und Support: Bei NMMN steht der Kunde im Mittelpunkt. Wir begleiten Sie von der ersten Beratung bis zur Implementierung und darüber hinaus. Mit unserem Expertenteam sind Sie bestens aufgestellt, um die Herausforderungen der digitalen Transformation souverän zu meistern.